1991 wurde die Gemeinde Alt Keykuth 600 Jahre alt 

Die älteste Erwähnung von Alt Keykuth findet sich 1414 im Schadenbuch (Ordens-Fol. 5b, S. 374 ff.). Die Existenz einer Mühle ist 1429 im Privilegienbuch 282 beurkundet. Lorenz Salmund erhielt am 4. September dieses Jahres vom Komtur von Elbing neben dem Mühlenprivileg, "zwei Hufen Landes". Er war vom bäuerlichen Scharwerk frei, "ausgenommen daß er Hafer und Heu schneiden und machen sollte in dem Aust gleich den anderen Einwohnern des Dorfes". Eine Schulzenhandfeste stammt aus dem Jahre 1496 (17. Juni), Privilegienbuch 263. Johann von Tieffen übertrug Matz Nolleska mit dem Schulzenamt die polizeiliche Gewalt und die niedere Gerichtsbarkeit. Als Inhaber der Gerichtsbarkeit "über Blut und Blau" urteilte er über kleinere Vergehen, deren Buße den Betrag von 12 Pfennige nicht überstieg. Nolleska hatte ferner die Fischereigerechtigkeit im Alt Keykuther See "doch nur zu Tisches Notdurft und nicht zum Vekauf." Von seinen zwei H hatte er je einen halben Scheffe Weizen und Korn zu Martini auf das Schloß nach Ortelsburg zu bringen. Die Ortelsburger Amtsrechnung 1615 gewährt einen Einblick in die Zusammensetzung der Einwohner, die Größe der Dorfgemarkung und die Art der Bewirtschaftung. Neben dem Dorfschulzen, dem Müller und Krüger wohnten im Dorfe ein Beutner und vier Scharwerksbauern. Die Beutner hatten, wie es in der Urkunde heißt, "weil sie wenig Honig lieferten, von der Hufe vier Mark Geld, einen halben Scheffel Korn, je einen Scheffel Gerste und Hafer an das Amt abzuführen und mußten beim Heuschlag scharwerken." Acht H der 27 H umfassenden Dorfgemarkung waren von vier Bauern besetzt, die von jeder H sechs Mark, einen halben Scheffel Korn und je einen Scheffel Hafer und Gerste zinsten. Die Dorfgemarkung, die 1632 um sechs H vergrößert wurde, wurde nach der in dieser Zeit üblichen Form der Dreifelderwirtschaft genutzt. Den Ortelsburger Amtsrechnungen 1687-1698 ist zu entnehmen, daß in den Feldern große Stücke unbebaut waren. Häufig wird davon gesprochen, daß in den Außenschlägen große Flächen sechs- und neunjährigen Ackers lagen, von Ackerstücken, die nur alle sechs bzw. neun Jahre eine Frucht trugen, also nur zeitweilig in den Turnus der Dreifelderwirtschaft hineingezogen wurden. Wir haben es also in Alt Keykuth wie in anderen Dörfern dieser Zeit mit einem verhältnismäßig extensiven Betrieb der Dreifelderwirtschaft zu tun. Die Viehzucht trat gegenüber dem Getreidebau stark zurück. So kamen auf den Höfen des Bauern Jakob Radke und Michel Pelka auf die kulmische H ein Ochse, ein Pferd, eine Kuh und zwei Schweine. Bei den Wiesen, die ausnahmslos einschnittig waren, konnte der Ertrag nicht von der Fläche bestimmt werden, weil sie in kleinen Stücken in den Feldern lagen. Daher wurde abgeschätzt, wieviel Fuder man von der H erntete. In den beiden genannten Bauernhöfen waren es ein bis zwei Fuder. Der Futterwert des Heus war sehr gering. Daher reichte das Heu trotz des geringen Viehbestandes zur Winterfütterung im Dorfe kaum aus. Bei dieser Lage ist es verständlich, daß die Dorfschaft das Amt im Jahre 1744 (12. Dezember) um Zuweisung eines eineinhalb H großen, zwischen Markshöfen (Marxöwen) und Alt Keykuth gelegenen "Wildnisplatzes" bat. Dem Antrag wurde 1746 stattgegeben. Nach den Bereisungsprotokollen der Ortelsburger Prästaiionstabellen 1781-1787 konnte der Heubedarf im Dorf "zur Not" gedeckt werden. Der Getreideertrag je H betrug zu dieser Zeit bei einer Aussaat von acht Scheffeln Korn, einem Scheffel Gerste, vier Scheffeln Hafer, dreiviertel Scheffel Erbsen, einem Scheffel Buchweizen und dreiviertel Scheffel Leinsaat das zweieinhalbte bis dritte Korn. Die Möglichkeit einer Ertragssteigerung hielt sich in den folgenden Jahrzehnten in engen Grenzen. Um zu Geld zu kommen, betrieben die Einwohner allerlei Hausgewerbe, vor allem die Leinweberei. 1785 hatte Alt Keykuth 140 Einwohner. Nach der Ortelsburger Prästationstabelle dieses Jahres waren unter ihnen 19 Grundbesitzer (drei Kölmer, zehn Beutner und sechs Hochzinser). Die mit der Separation verbundenen Maßnahmen führten wie in anderen Dörfern des Ortelsburger Kreises zu einer Vermehrung der Bauernhöfe und zahlreichen Besitzveränderungen. Die Ortelsburger Prästationstabelle des Jahres 1840 verzeichnete auf einer Fläche von 3313 M 75 R preuß. 26 Eigentümer. "Die Dorfgemarkung", so heißt es hier, "wird noch in Gemengelage bewirtschaftet. Die beantragte Separation ist bisher noch nicht zur Plananweisung resp. Anfertigung eines Rezesses fortgeschritten." Die Gemeindeauseinandersetzung war erst im Jahre 1872 abgeschlossen. Im Zuge dieser Reform verlegten zehn Bauern ihre Höfe in die Außenschläge der Dorfgemarkung. Der Übergang von der Dreifelderwirtschaft zum Mehrfeldersystem erlaubte einen Rückgang der Brach- und Ackerweideflächen. Seit der planmäßigen Dränung, der gesteigerten Anwendung von Kunstdünger und der Verwendung neuzeitlicher Maschinen zu Beginn der 20er Jahre ist auf den Bauernhöfen in Alt Keykuth eine bemerkenswerte Steigerung des Ertrages festzustellen. Ein modern bewirtschafteter Bauernbetrieb war der Hof von Michael Rohmann. Der Vieh- und Pferdezucht wurde besonders auf dem Bauernhof von Saxarra große Aufmerksamkeit geschenkt.

Der wirtschaftliche Aufstieg des Dorfes war von einer lebhaften Bautätigkeit begleitet. 1939 besaß Alt Keykuth 63 massiv ausgebaute Wohnhäuser.

Die während der Regierung des Königs Friedrich Wilhelm I. gegründete Volksschule erhielt 1926 ein modernes Schulgebäude.

Der wirtschaftliche Aufstieg belebte die Vereinstätigkeit: 1918 gründete Gendarmeriemeister Adolf Matzath einen Imkerverein, Matzath besaß mehr als 80 Bienenvölker. Wegen seiner erfolgreichen Imkertätigkeit wurde er durch die Reichsfachgruppe "Imker" mit der "goldenen Biene" ausgezeichnet. Es gab ferner im Ort die Freiwillige Feurwehr, den Kriegerverein, den Segelfliegerverein. – Der landschaftlich schön gelegene Ort in der Nähe des Lensksee, und des herrlichen Mischwaldes von Jablonken wurde in wachsendem Maße Ausflugsziel. Fabrikbesitzer Anders und Kaufmann Frank aus Ortelsburg ließen sich hier moderne Wochenendhäuser bauen. Landrat von Poser errichtete am Lensksee ein Kleinkindererholungsheim mit sanitären Einrichtungen für etwa 30 erholungsbedürftige Kinder aus dem Kreisgebiet.

Seit 1930 besaß Alt Keykuth eine Poststelle zweiter Ordnung.

Ortelsburger Heimatbote 1991   S. 11-15