Landgemeinde Groß Leschienen   [Lesiny Wielkie]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Nach einer Notiz im Willenberger Grundbuch 15614 ist Leschienen als Schatulldorf entstanden. Nach dem Wortlaut der am 16. Juni 1684 ausgestellten Gründungshandfeste "wurde Cristoph Sobotka aus Sendrowen ein Ort ausgebrannten und ausgehauenen Wildnislandes, die 'Leschien' genannt - das Land war durch den daselbst gewesenen Eisenhammer ausgebrannt - 12 Huben umfassend, zu Schatullrechten verschrieben". Im gleichen Jahre (12. November) erhielt Michael Filiph ein Schankprivileg mit dem Zugeständnis, jährlich 30 Fuder Lagerholz oder Strauch aus der königlichen Heide zu beziehen. Die Willenberger Prästationstabelle 1767 verzeichnet 21 Schatuller "die möglichst voran zu kommen versuchen". Nach den Bereisungsprotokollen der Willenberger Prästationstabelle 1767 litt die Wirtschaft der Bauern sehr unter dem Mangel an Wiesen- und Weideland. Der Heubedarf konnte nicht gedeckt werden." Zur Abstellung dieses Mangels wurden der Dorfgemeinschaft bei der Korpeller Forstseparation 1787 (14. Sept) 87 H 18 M 59 R magdeb. an Acker und Wiesenland zugewiesen (Ostpr. Fol. 380/18). An der Nutzung dieser Ländereien wurden u. a. Jakob William, Christoph Dorin, Michael Nowozin, Woytek Kowal sen. und Woytek Kowal jun. beteiligt. 1813 verlor die Gemeinde die Gerechtsame, freies Holz aus der königlichen Heide zu beziehen, und wurde entschädigt. Nach einer Notiz in der Willenberger Prästationstabelle 1819 (24. März) pachteten 16 Wirte von Leschienen 150 M preuß. - es handelte sich um das Zwingelbergsche Gut in Schrötersau. Die Separation in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte wie in anderen Dörfern des Ortelsburger Kreises eine Vermehrung der Besitzerzahl und eine intensivere Nutzung der Außenschläge der Dorfgemarkung durch Ausgebaute. Die Willenberger Prästationstabelle 1841, Nr. 15 verzeichnet 33 Schatullkölmer und zehn Eigenkätner auf der 3658 M 103 R preuß. umfassenden Dorfgemarkung. Viele Ausgebaute legten ihre Höfe südlich der Straße Willenberg-Fürstenwalde an. Wie in anderen Dörfern setzte auch in Leschienen eine Aufwärtsentwicklung in den landwirtschaftlichen Betrieben seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ein. 1939 gab es in Groß Leschienen 49 Betriebe: 19: 0,5-5 ha, 7: 5-10 ha, 16: 10-20 ha, 7: 20-100 ha. Nach einer Mitteilung von Lehrer Alfons Klempert waren im Dorf folgende gewerbliche Betriebe vorhanden. Eine Fleischerei (Eduard Patz), ein Lebensmittelgeschäft (Eduard Patz), eine Gastwirtschaft (Paul Wolff, später Wilhelm Puzicha), eine Ziegelei (Zapatka), eine Schmiede (Czymziak), eine Schuhmacherwerkstatt (Franz Kluth), eine Schneiderei (Preuscha).

Die Einwohner gehörten zur Hälfte der katholischen, zur Hälfte der evangelischen Konfession an. Das katholische Gotteshaus, das älteste Masurens, war 1851 von dem "Apostel Masurens" Valentin Tolksdorf erbaut. Die letzten Seelsorger waren Barwinski und Zink. Das Kirchspiel umfaßte Klein Leschienen, Deutschwalde (Suchorowitz), Fürstenwalde, Hügelwalde (Radzienen), Lucka, Lindenort (Lipowitz), Deutschheide (Wawrochen), Groß und Klein Werder. Die evangelischen Einwohner besuchten die Kirche in Fürstenwalde.

Im Dorfe existierten bis zum 31. August 1943 eine katholische und eine evangelische Volksschule. Seit dieser zeit wurden beide Schulen zusammengelegt.

Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Berichte von Lehrer Klempert folgende Angaben: "Viele Einwohner flüchteten, die meisten blieben. Der Flüchtlingstreck wurde bei Heilsberg von russischen Panzern gestellt und zur Rückkehr gezwungen. Friedrich Anuß und Bürgermeister Beckmann wurden beim Einmarsch der Russen ermordet. Johann Dorin wurde am 18. Februar 1945 bei Leinau erschossen. Johann Frassa wurde von Polen ermordet. Landwirt Michael Kania wurde 1945 erschossen. Arbeiter Franz Katzmarczyk wurde von der Gestapo ermordet. Verschleppt wurden vier Personen. Sechs Einwohner sind als Wehrmachtangehörige gefallen".

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Franz Surrey   2. August Wedig   3. August Zapatka   4. Franz Zapatka   5. Friedrich Ehlert   6. Johann Wittkowski   7. Julius Loch   8. Johann Pannek   9. Michael Kays   10. Susanna Frassa   11. Gustav Krause   12. Otto Krause   13. Christof Seranski   14. Viktor Deptolla   15. Adolf Adamek   16. Gustav Churdaska   17. Julian Osmanski   18. Paul Schwitalski

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg