Landgemeinde Kaspersguth   [Kaspry]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Das Gründungsprivileg des Ortes ist am 22. Juli 1437 von Heinrich von Plauen ausgestellt. Der Hochmeister verlieh den "Getreuen Mathes und Gerge" zehn H zu kulm. Recht, weil "er zu Herzen genommen hat die Geringigkeit des Ackers zu Caspersguth" (Priv. Buch 262). Von dem Dienstgut war "ein redlicher Dienst mit Hengst und Harnisch, zu stellen und die üblichen Abgaben (Pflugkorn und Krampfund Wachs) zu leisten. Über die Entwicklung des Dienstgutes im 15. und 16. Jahrhundert schweigen die Quellen. In der Ortelsburger Amtsrechnung 1615 wird Kaspersguth unter den kölmischen Dörfern mit 5 Wirten aufgeführt. Das Dorfareal hat sich später durch Erwerb von zwei H "Übermaßland" auf 12 H vergrößert. Die Zahl der Wirte und die Größe der Dorfgemarkung blieben bis zum Ende des 18. Jahrhunderts konstant. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Dorfes werden in den Bereisungsprotokollen der Prästationstabelle Ortelsburg 1787 als "sehr mittelmäßig" bezeichnet. "Die Insassen leiden des öfteren unter Überschwemmungen der Kaspe". Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Dorfgemarkung um einige Parzellen vergrößert: 1818: 30 M 7 R magdeb. in der Friedrichsfelder Forst; 1828, 18. September: 118 M 96 R in der Friedrichsfelder Forst. Im Gange der Reformen erhöhte sich die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe. Zuerst wurden die Höfe von Brzezinski und Makrutzki geteilt, dann der Hof von Linka. Es gab schließlich (1939) im Dorf 11 landwirtschaftliche Betriebe: 1: 0,5-5 ha, 1: 5-10 ha, 5: 10-20 ha, 4: 20-100 ha; davon waren fünf ausgebaut: Bahl, Pallasch, Brzezinski I, Szepan, Jestrzemski. Wegen des bestehenden Wiesenmangels hatten die Bauern von Kaspersguth noch im 19. Jahrhundert Ländereien in Konraden und Kahlfelde (Lysack) erworben. Da die Bearbeitung dieser Landstücke wegen ihrer entfernten Lage (über 20 Kilometer) mit großen Schwierigkeiten verbunden war, wurden sie 1850 aufgegeben.

Die Fertigstellung der Eisenbahnlinie Bischofsburg-Rothfließ im Jahre 1909 brachte den Einwohnern von Kaspersguth manche Vorteile. Die Bahnstation Neuvölklingen (Achodden) war nur ein Kilometer entfernt. Nach einem Bericht von Erich Jestrzemski schickten die Bauern die Milch mit der Bahn zur Molkerei nach Ortelsburg. Vor allem wurden dort zahlreiche Waggons mit Feldsteinen aller Größen beladen, die auf der Kaspersguther Gemarkung reichlich zu finden waren und den Bauern eine gute Einnahme brachten.

Im Dorf waren keine Handwerker. Die nächste Schmiede war in Neuvölklingen (Adrodden). Schulisch gehörte Kaspersguth bis 1911 zu Rohmanen. Danach wurde im Wohnhause des Bauern Linka ein Klassenzimmer eingerichtet. Eine Lehrerwohnung wurde im Hause des Bauern Pallasch geschaffen. 1926 wurde ein Schulhaus gebaut. Hier wurden außer der Kaspersguther Jugend auch die Kinder von Neuvölklingen (Achodden) und einiger Abbaugehöfte von Alt Keykuth unterrichtet. Lehrer Adolf Goerke war 36 Jahre an der Schule tätig. Beim Russeneinfall im 1. August 1914 mußten die Dorfbewohner zweimal fliehen. Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges berichtet Erich Jestrzemski: "Als die Front immer näher rückte, flohen am 15. Januar einige Einwohner mit der Bahn, einige wurden von Kraftwagen der Wehrmacht mitgenommen. Am 19. Januar erfolgte der Befehl zur Räumung. Unter Führung von Ortsbauernführer Brzezinski II. kam der Treck bis Bischofsburg. Dann fuhren einige Bauern selbständig weiter und erreichten über das Haff die Danziger Niederung. Die Familien Brzezinski I, Pallasch, Jestrzemski, Pawelzik, Glaß, Katzmarski wurden von Russen gezwungen, nach Kaspersguth zurückzukehren.

Während der Besetzung des Dorfes durch die Russen und Polen hatte die Gemeinde folgende Verluste zu beklagen: Die 82jährige Wihelmine Wallesch starb kurz nach Einmarsch der Russen den Hungertod. Polnische Milizsoldaten erschossen den 18jährigen Sohn der Familie Katzmarski, als er sich schützend von seine Schwester stellte. Ein Kind der Familie Pallasch wurde erschossen. Zwei Einwohner sind als Wehrmachtangehörige gefallen.

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Fritz Bahl, Landwirt   2. Ludwig Pallasch, Bauer   3. Emil Szepan, Landwirt   4. Albert Jestremski, Bauer   5. Wilhelm Bahl, Landwirt

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg