Landgemeinde Kobulten   [Kobułty]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Die Gründungshandfeste des Ortes ist nicht mehr vorhanden. Der erste urkundliche Beweis für das Vorhandensein von Kobulten findet sich im Privilegienbuch 262. Hier heißt es: "1409 erneuert Philipp von Wildenau seinem Diener Mathes zu Bössin die verlorene Handfeste über 10 Hufen, die an des Bischofs Grenze liegen (Parlösen). Das Gut wird dem Sprengel des Pfarrers Kobolten zugewiesen". Nach dem Tode Philipps von Wildenau, der sich im Kampf des Ordens mit Polen den Feinden des Ordens angeschlossen hatte, wurden seine Güter vom Orden eingezogen. Nach dem "13jährigen Kriege" des Ordens gegen seine Untertanen (1453-1466) wurden sie an Mitglieder des Adels vergeben. Die Lehnbücher des 16. Jahrhunderts erwähnen Angehörige der Familie Küchmeister von Sternberg als Besitzer des Gutes (44 H). In den folgenden Jahrhunderten hat Kobulten wiederholt den Besitzer gewechselt. 1592 wird als Besitzer Hans Dietrich von Werther erwähnt. 1671 wird das Gut (40 H und vier Pfarrhufen) "wegen Verschuldung" an Hans Jakob Pomianna von Dittrichsdorf verkauft. In der Reihe der Besitzer seien die Familien von Keller, von Trebnitz, von Plagga, von Halle genannt. Die Hufenschoßprotokolle 1717 bringen eine Übersicht über die Aufteilung der Ländereien von Kobulten: "12 Hufen Vorwerk, Wald acht Hufen, Bauerndorf 24 Hufen, vier Hufen Pfarrland". Der Umfang der Gemarkung hat sich bis in das 20. Jahrhundert hinein kaum geändert. Die letzten drei Eigentümer des Gutes waren von Greve, Knauff und Knauffs Erben. Bernhard Knauff hat sich nicht nur als Landwirt einen Namen gemacht, sondern auch durch seine Werbetätigkeit für die Raiffeisenidee Verdienste erworben. 1883 gründete er in Kobulten den ersten ostpreußischen Raiffeisenverband. Neben Knauff haben auch Pfarrer Hassenstein und Rektor Koschinski für eine Verbreitung des Raiffeisengedankens Sorge getragen. Nach der Aufteilung des Gutes (große Teile erwarb die Ostpreußische Bau- und Siedlungsgesellschaft) entstanden besonders im Raume südöstlich von Kobulten viele Bauernhöfe.

1939 gab es in Kobulten 80 landwirtschaftliche Betriebe: 24: 0,5-5 ha, 21: 5-10 ha, 22: 10-20 ha, 11: 20-100 ha, 2: über 100 ha. Unter den Höfen gab es viele modern bewirtschaftete Betriebe, so den Hof von Presting (Schwiegersohn von Knauff).

Mit der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse (1909: Anschluß an die Bahnlinie Ortelsburg-Rothfließ, Ausbau der Straßen Kobulten-Groß Borken und Kobulten-Rudau) war auch eine Aufwärtsentwicklung von Handel und Gewerbe zu verzeichnen. 1937 waren in Kobulten: eine Mahlmühle (Bruderrek), ein Manufakturwarengeschäft, zwei Gasthäuser mit Kolonialwarenhandlungen, ein Frisiersalon, zwei Bäckereien, eine Fleischerei, eine Tischlerwerkstatt, zwei Schmieden, eine Stellmacherei, ein Sattler, zwei Schneider, eine Schuhmacherwerkstatt, zwei Anstreicher. Die im alten Gutsspeicher eingerichtete An- und Verkaufsgenossenschaft belieferte Bauern und Siedler mit Saatgetreide und künstlichen Düngemitteln. Vielfach fuhren die Bauern zu den Märkten nach Bischofsburg, um dort ihre Produkte zu verkaufen und in der dortigen Molkerei ihre Milch abzuliefern.

Kobulten war ein Kirchdorf mit einer evangelischen und einer katholischen Kirche. Das kirchliche Leben war in beiden Gemeinden rege, der konfessionelle Friede nie gestört. Eine Kirche in Kobulten erwähnt bereits Henneberger 1595. Ob sie schon vor der Reformation bestanden hat, ist ungewiß. Die Kirchenrechnungen reichen bis 1580 zurück. Wahrscheinlich ist die Kirche in der Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut. Am 23. Januar 1830 wurde die alte baufällige Kirche geschlossen. Eine neue Kirche wurde 1832 gebaut. Der letzte Pfarrer Johann Rohde fiel bei Stalingrad. Zur evangelischen Pfarrstelle gehörten 240 M Land und 60 M Wald. Zur Kirche gehörten 11 Dorfgemeinden. Das katholische Kirchspiel erstreckte sich bis in den Kreis Sensburg hinein. Die beiden letzten Seelsorger waren die Pfarrer Gorinski und Zink. Die Zahl der Gemeindemittglieder betrug etwa 1200.

Die Kobulter Schule war eine zweiklassige Gemeinschaftsschule. Die erste Lehrerstelle wurde von einem evangelischen, die zweite von einem katholischen Lehrer verwaltet. Die schulentlassene männliche Jugend war im Winter und Sommer zum Besuch der Berufsschule verpflichtet. Die schulentlassenen Mädchen erhielten im Winterhalbjahr Unterricht im Kochen. Der letzte Erste Lehrer war Ewald Sulimma.

Über das Schicksal der Landgemeinde entnehmen wir einem Bericht von Gustav Kostros folgende Angaben: Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 wurden ermordet: Adolf Bruderrek, Anton Gonska, Ehefrau Puchalski. Verschleppt wurden acht Personen, auf der Flucht starben zwei. 46 Einwohner sind als Angehörige der Wehrmacht gefallen. Zwei Soldaten werden vermißt.

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Marie Skotzek   2. August Sagorny   3. Bernhard Knobel   4. Franz Reiss   5. Staatliche Domäne (Verwalter Otto Nothnagel)   6. Michael Kunz   7. Josef Palmowski   8. Franz Saager   9. Gendarmerie Kobulten   10. Försterei (Förster Fritz Moldehn)   11. Fritz Czarnetzki   12. Kurt Jurkowski   13. Johann Puchalski   14. Karl Repschläger   15. Presting, Knaufs Hof   16. Franz Mischke   17. Otto Rublowski   18. Franz Link   19. Gottfried Zwick   20. Bruno Lischewski   21. Wilhelm Schellong   22. Anton Janowitz   23. Wilhelm Karweina   24. Reinhold Witkowski   25. Wilhelm Mathes   26. Fritz Nowotzin

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg