Landgemeinde Radegrund (Kollodzeygrund)   [Kołodziejowy Grąd]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Die erste Planung "zur Etablierung eines regulären Chatulldorfes Kollodzeygrund" erfolgte in einem königlichen Reskript am 18. Mai 1785. Die Gründungsurkunde wunde nach Durchführung der Korpeller Forstseparation am 2. Februar, konfirmiert am 18. März 1787, ausgestellt (Willenberger Grundbuch 15 615). 12 Wirte (unter ihnen Friedrich u. Christoph und Jakob Sontopski, Peter und Martin Marczinzig) erhielten 54 H 1 M 127 R magdeb. zu Schatullrechten bei Gewährung von zehn Freijahren zugesprochen. Jeder von ihnen sollte innerhalb dieser Zeit auf der ihm zugewiesenen Parzelle ein Wohnhaus, einen Stall und eine Scheune bauen, und "sich des Anbaus von nützlichen Futterkräutern befleißigen". Die Durchführung der Kultivierungsarbeiten war mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die Dorfgemarkung lag im Schiemaner Bruch und war fast in jedem Jahr Überschwemmungen ausgesetzt. Wiederholten Klagen der Dorfbewohner trug die Regierung durch Räumung des Charkagrabens Rechnung (Rep. 5., Tit II Willenberg Nr. 4-8). Diese im Jahre 1784 durchgeführten Maßnahmen brachten aber nur einen vorübergehenden Erfolg. Bereits 1810 beklagten sich die Einwohner erneut über die durch Überschwemmungen angerichteten Schäden: "Heu kann kaum noch geerntet werden, es besteht nur noch aus Sauergräsern." Am 2. Februar 1818 erwarb die Dorfschaft eine Parzelle von 245 M 120 R Forstland, und im Jahre 1820 (28. August) pachtete sie zusammen mit den Dörfern Nowojowietz und Eschenwalde (Jeschonowitz) 382 M "Weideterrain in der Korpeller Forst", um dem Wiesenmangel zu begegnen. Der Notstand wurde erst 1936/37 durch Kanalisierung des Omulef und der Zarka beseitigt. Nach Abschluß der Meliorationsaktion wurden in Kollodzeygrund 33 Prozent mehr Flächen landwirtschaftlich genutzt als 1933. In der Futtergewinnung war 1938 der 12fache Futterertrag, in der Milcherzeugung die neunfache Menge gegenüber 1932 festzustellen. 1939 gab es in Radegrund 24 landwirtschaftliche Betriebe: (5: 0,5-5 ha, 2: 5-10 ha, 5: 10-20 ha, 12: 20-100 ha), von denen neun Abbauhöfe waren. An gewerblichen Betrieben waren im Dorf: ein Kolonialwarenladen mit Fleischerei, eine Stellmacherei und eine Schmiede. Obwohl die Leitung des Überlandwerkes ca. 200 Meter am Dorf vorbei führte, verfügte die Gemeinde 1939 noch nicht über elektrischen Strom.

Die Dorfschule war in der Zeit Friedrich Wilhelms III. gegründet.

Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges berichtet Paul Koslowski "Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 wurden ermordet: Emil Hartwich, August Koschinski und Lehrer Adolf Czerwinski. Verschleppt wurden Wilhelm Blaurock, Waltraut Hartwich, Emil Kelbassa, Wilhelm Sumowski. Auf der Flucht kamen fünf Personen ums Leben. 13 Einwohner sind als Wehrmachtangehörige gefallen."

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Emil Kowalzik   2. Emil Hartwich   3. Wilhelm Wischnewski   4. Karl Thürmer

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg