Landgemeinde Waldpusch   [Stachy]

Aus Geschichte, Wirtschaft und Kultur

Die älteste Nachricht über Waldpusch findet sich in der Willenberger Amtsrechnung 1719/20, S. 14. Hier wird die Existenz eines kölmischen Dorfes (7 H kulm.) bestätigt. In der Willenberger Amtsrechnung 1753 findet sich der Hinweis, daß die acht Kölmer ihre Abgaben planmäßig an das Amt Willenberg abführen. In den Bereisungsprotokollen (Willenberger Prästationstabelle 1782) wird erwähnt, daß die Wirte "über Mangel an Wiesen und häufige Überschwemmungen klagen und um Zuweisung von Ländereien bitten". Bei der Entwässerung des Borkenbruchs (südlich von Schiemanen), die auf Veranlassung des Kriegs- u. Domänenrates von Roebel 1777-1782 durchgeführt wurde, erhielt die Dorfgemeinschatf 12 H 28 M 225 R. 1812 erwarb die Dorfschaft 120 M magdeb. in der Korpeller Forst. 1841 werden in der Willenberger Prästationstabelle 13 Kölmer, acht Erbpächter, fünf Eigenkätner erwähnt. Größe der Dorfgemarkung: 3707 M 104 R preuß. Zu einem wirtschaftlichen Aufstieg konnte es im Dorfe zunächst nicht kommen. Im ganzen Willenberger Gebiet herrschte ein ernster Notstand, insbesondere durch Mangel an Futtermitteln. Ein anschauliches Bild zeigt folgende von 11 Bauern unterzeichnete Eingabe: "Waldpusch, d. 12. Januar 1933. Wir unterzeichneten Besitzer von Waldpusch bei Willenberg erlauben uns, Herrn Landrat auf folgende Tatsachen aufmerksam zu machen. Ein großer Teil unserer Ländereien liegt am Zarkafließ, gerade diese Parzellen sind das Land, das unsere Gesamtgrundstücke erst lebensfähig macht. Es handelt sich in der Hauptsache um Wiesen und Weiden, teilweise auch um Äcker. Diese Ländereien liegen tiefer als die Omulefniederung. Nun führt seit 1930 der Omulef ununterbrochen Hochwasser. Ein Abfließen der überschüssigen Wassermengen ist nicht möglich. Die Folge wiederum ist, daß Viehzucht unmöglich wird. Heu kann kaum noch geerntet werden, es besteht nur noch aus Sauergräsern. Die Kulturwiesen sind restlos vernichtet. Selbst im Hochsommer muß sich das Vieh sein Futter aus dem Wasser holen. Bei verschiedenen Besitzern sind bis neun Stück Vieh krepiert, nur infolge nasser Weide. Aufzucht von Kälbern ist unmöglich. Die einst fruchtbaren Äcker liegen unbestellt da. Übrig geblieben ist zum Feldbau nur der hochgelegene Sand, der bei dem jetzt herrschenden Mangel an Stalldung auch versagt. Unsere Existenz ist also vernichtet! Teilweise hat der Bauer hier kein Brot mehr für seine eigene Familie. Saatkartoffeln und die übrige Frühjahrssaat fehlen in den meisten Betrieben. Wir bitten Herrn Landrat, um Abhilfe besorgt zu sein, durch Kanalisierung des Omulef als dem Vorfluter und der Zarka!" gez. 11 Unterschriften

Zuerst wurden die Arbeiten am Omulef begonnen. Schon 1934 war die Regulierung dieses 22 Kilometer langen Flusses im großen und ganzen abgeschlossen. Schon im Herbst 1933 war der Wasserstand des Omulef soweit gesunken, daß durch Ziehung von Nebengräben die Bauern auf altem Sumpfgelände über 100 Zentner Kartoffeln je M ernten konnten. Auch der Waldpuschfluß konnte reguliert werden. Ebenso wurde der berüchtigte Zarkagraben in Ordnung gebracht. Waldpusch erlebte nach der Melioration einen ungewöhnlichen wirtschaftlichen Aufstieg. Es gab im Ort 1939 30 landwirtschaftliche Betriebe (8: 0,5-5 ha, 8: 5-10 ha, 6: 10-20 ha, 7: 20-100 ha, 1: über 100 ha). Von diesen waren neun Abbauhöfe.

Waldpusch besaß eine einklassige Schule.

Über das Schicksal der Landgemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges entnehmen wir einem Berichte von Gregorowius folgende Angaben: Beim Einmarsch der Russen im Januar 1945 hatte Waldpusch keine Blutopfer zu beklagen. Verschleppt wurden: Margarete Fidorra, Emil Bork, Emma Gregorowius, Wilhelm Gregorowius, Hildegard Sengotta. Sie sind in Rußland gestorben. Auf der Flucht kamen 12 Personen ums Leben. 17 Einwohner sind als Wehrmachtangehörige gefallen.

Max Meyhöfer in "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1984 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg



Ausbauhöfe:   1. Emil und Wilhelmine Berkau   2. Wilhelm Berkau   3. Charlotte Papajewski   4. Emil und Ida Ludorf   5. Friedrich und Auguste Berg   6. Emil und Emilie Lork   7. Wilhelm und Emilie Gazioch   8. Albert und Auguste Wysk   9. Wilhelm und Auguste Fidorra I

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg