Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg   Ergänzungsband

Vorwort

In meiner 1967 in den Ostdeutschen Beiträgen (Band 39) erschienenen Arbeit "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" mußte ich auf kartographische Veranschaulichung durch Flurpläne und Meßtischblattausschnitte verzichten. Sie zu drucken, hätte den Preis des Buches zu sehr verteuert.

Inzwischen wurde ich in zahlreichen Zuschriften und Buchbesprechungen auf die Notwendigkeit hingewiesen, das erforderliche Kartenmaterial in einem Ergänzungsbande zusammenzustellen. Dieser Aufgabe komme ich in vorliegendem Bande nach. Wie in meinem Werke "Die Landgemeinden des Kreises Lötzen" habe ich aus den Kartenbeständen des Staatlichen Archivlagers in Göttingen Pläne ausgewählt, die die Strukturentwicklung der ländlichen Flurformen im Kreise Ortelsburg erkennen lassen.

Ich habe ferner für jede Ortschaft einen Meßtischblattausschnitt gebracht, der die Grenzen jeder Landgemeinde und die durch die Separation eingeleitete Besiedlung der Gemarkung durch Ausbauhöfe zeigt.

Besondere Schwierigkeit bereitete die Ermittlung der Namen der letzten Ausbauhofbesitzer vor der Vertreibung. Diese Aufgabe konnte in Zusammenarbeit mit dem Ortelsburger Kreisvertreter Max Brenk gelöst werden, der verständnisvoll auf meine Wünsche einging und einen vertrauensvollen Kontakt mit den berufenen Sachkennern vermittelte.

Es ist mir ein herzliches Bedürfnis, ihm und allen, die am Zustandekommen des Bandes mitgewirkt haben, zu danken. Dankbar erinnere ich mich auch an die vielseitige Hilfe, die mir von den im Staatlichen Archivlager in Göttingen tätigen Herren zuteil wurde.

Göttingen, den 30. Juli 1970   Dr. Max Meyhöfer


Flurkarten der Landgemeinden im Kreis Ortelsburg

Die ältesten uns zugänglichen Flurkarten des Ortelsburger Kreisgebietes stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es sind die Dorfpläne von Fürstenwalde (1767), Leinau (1778), Alt Kiwitten (1783), Farienen (1786), Groß Schöndamerau (1787) und Schützengrund (1787). Diese Pläne lassen erkennen, daß die Aufteilung der Dorfgemarkungen entscheidend von der Wirtschaftsform jener Zeit beeinflußt wurde. In diesen Flurkarten sind die Dorfgemarkungen in drei große Teile gegliedert. Diese entsprechen den Feldern der Dreifelderwirtschaft, von denen das eine (A) mit Sommergetreide, das andere (B) mit Wintergetreide bestellt war, das dritte (C) brachlag. Jedes dieser Felder gliederte sich wiederum in eine Anzahl besonderer Flurabschnitte, sogenannter Gewanne. Unter Gewannen versteht man einen Komplex von offen nebeneinander liegenden langen und schmalen Ackerstücken, welche in ein und derselben Direktion gepflügt und durch Naturgrenzen oder Wege von den übrigen Teilen der Feldmark voneinander geschieden sind. (Vgl. Hanssen, Agrarhistorische Abhandlungen I, S. 42). Zahl und Größe dieser gewannartigen Abschnitte waren in den Flurplänen verschieden. Z. B. in der Landgemeinde Alt Kiwitten (vgl. Karte!) war das Winterfeld in zwei Gewanne aufgeteilt. In der Flurkarte von Fürstenwalde (vgl. Karte!) wies das Sommerfeld drei, das Winterfeld vier Gewanne auf.

Wie aus den Flurkarten von Alt Kiwitten und Fürstenwalde hervorgeht, war jedes der Gewanne wiederum in Streifen eingeteilt, und zwar in soviel Parzellen, wie Dorfgenossen in den Steuerregistern angegeben waren. Die Ackeranteile der einzelnen Wirte zogen sich als lang durchlaufende Streifen über das Gemarkungsgebiet. In einigen Fällen nahmen diese Streifen nicht die ganze Gemarkung ein. So reichte z. B. in den Flurkarten von Alt Kiwitten und Fürstenwalde das Winterfeld nicht bis an die Gemarkungsgrenze heran. Diese Dorfpläne zeigen deutlich den Vorgang des allmählichen Wachsens der Ackerflur. In einigen Landgemeinden zogen sich die Streifenparzellen über Flächen recht unterschiedlicher Bodenqualität hin, so daß eine gerechte Beteiligung eines jeden Ackerwirtes an allen "Bodengüten" nicht immer gegeben war.

Mit dem Verfall des Dreifeldersystems war auch das Schicksal der mit ihm aufs engste verbundenen Langstreifenflur besiegelt.

Leider muß eine Darstellung der mit der Separation in Zusammenhang stehenden weitreichenden Veränderungen der Dorfflur an der Unzulänglichkeit des urkundlichen Materials scheitern. Die ohnehin lückenhaften Flurkarten, die bis zur Vertreibung in dem Landeskulturamt in Königsberg lagerten, sind nicht mehr zugänglich. Ich muß mich daher auf einige grundsätzliche Ausführungen beschränken.

In vielen Dörfern des Ortelsburger Kreises war mit der Separation eine Vermehrung der Zahl der Bauernstellen und zugleich eine Veränderung der Feldmarkgrenzen verbunden. Die für das Landschaftsbild wichtigste Folge der Separation war die Verlegung der Bauernhöfe auf die ihnen zugewiesenen vermessenen Parzellen. Während bisher die Feldmark von Gebäuden frei blieb, wurden nun auf den entferntesten Teilen der Dorfflur Einzelgehöfte, Ausbauhöfe, angelegt. Im Zuge der Ausweitung des Siedlungsraumes sind die ersten Versuche einer Kultivierung der Sumpf- und Flußgebiete im südlichen Teil des Kreises fest zustellen.

Die in diesen Meliorationsgebieten entstandenen Landgemeinden weisen ein von den Dörfern Alt Kiwitten und Fürstenwalde abweichendes Bild der Flureinteilung auf. So fehlen in den Plänen von Groß Lattana (Groß Heidenau), Schrötersau (Karte), Wagenfeld (Karte), Borkenheide, Röblau die Langstreifenparzellen. In dem im Lattanabruch angelegten Dorfe Groß Lattana wurde auf Anordnung des Preußenkönigs Friedrichs des Großen die Siedlung nicht als geschlossenes Dorf angelegt. Nach dem Königlichen Reskript vom 31. Oktober 1785 "sollen die Häuser in einer gewissen Entfernung von der polnischen Grenze dergestalt auseinander placieret werden, daß jeder Wirt seinen Hof auf seiner Kolonie (Besitz) im Zusammenhang zu liegen bekomme und auch die private Hütung darauf behalte". Jeder Wirt mußte in den ersten drei Jahren "sein Erbe mit einem Wohnhause, einer Scheune und einem Stallgebäude vorschriftsmäßig bebauen". Zum ersten Male entstand so im Willenberger Amt eine Siedlung, in der jeder Bauer auf seinen Ländereien seinen Hof hatte und so in seinen Wirtschaftsmaßnahmen völlig selbständig war und nicht auf Entscheidungen der Dorfgemeinschaft Rücksicht zu nehmen brauchte. Eine Separation fand also in diesem Dorfe nicht statt. Eine ähnliche Aufteilung der Dorfgemarkung weisen die beifolgenden Pläne von Schrötersau und Wagenfeld auf. Die in diesen Karten ersichtliche Aufgliederung der Dorfgemarkung hat sich im großen und ganzen bis in die neueste Zeit erhalten, was die Meßtischblätter beweisen.

Das Siedlungsbild der Landgemeinden in den Meßtischblättern

Die nachfolgenden Meßtischblätter sind Reproduktionen der vom Reichsamt für Landesaufnahmen herausgegebenen Karten. Sie enthalten die kartographischen Signaturen der letzten Landesaufnahme. Bei einigen Dörfern sind in den Meßtischblättern die letzten redaktionellen Änderungen, die lediglich die Namen betreffen, nicht berücksichtigt.

Die Zahlen auf der Karte bezeichnen die Ausbauhöfe, deren Besitzer mir von den zuständigen Sachkennern mitgeteilt sind.

Die Namen der Ausbauhofbesitzer sind so wiedergegeben, wie sie mir von den zuständigen Sachkennern mitgeteilt wurden.


Berichtigungen und Ergänzungen zu meiner 1967 erschienenen Abeit über "Die Landgemenden des Kreises Ortelsburg"

Farienen: 30 Wehrmachtsangehörige gefallen. Von Russen ermordete Zivilpersonen, die im Buch nicht erwähnt sind: Fischhändler Gerwatowski, Schmiedemeister Wilhelm Bojahr. Drei Einwohner wurden verschleppt. Sie sind nicht zurückgekehrt.

Glauch (Gluch): Umbenennung in Glauch vor 1929.

Georgensguth: Beim Einmarsch der Russen 1945 wurden erschossen: Franz Gerigk, Christoph Hardt, Frau Hardt, Friredrich Posdziech, Frau Olk, August Trzaska (Schwirgstein). Später wurde von Russen ermordet: Fritz Lipka.

Groß Schiemanen: Letzter Hauptlehrer Johann Marczinski.

Grünlanden: Außer den im Buch Erwähnten wurde Johann Heiduck ermordet.

Jakobswalde: Letzter Bürgermeister: Johann Lamowski. Von den Russen verschleppt: Julius Fidorra (in Sensburg). Auf der Flucht vermißt: vier Personen.

Klein Jerrutten: Es muß heißen: Johann Sakowski (statt Schakowski).

Milucken: Abstimmungsergebnis: Für Polen wurden 11 Stimmen abgegeben. Von Russen verschleppt wurden: Bürgermeister Karl Koriath, seine Ehefrau Auguste Koriath, seine Töchter (Erna, Lotte, Liesbeth und Erika). Nur Lotte Koriath ist zurückgekehrt.

Neufließ: Als fortschrittlichster Betrieb der Gemeinde wurde der des Wilhelm Bürkner angesehen.

Parlösen: Familie Guttowski war bis 1925 im Besitz des Gutes. Später gehörte das Gut Brauereidirektor Albert Daum, Bischofsburg.

Puppen: Sägewerk: Reschop, Produktionsmenge: 9000 Festmeter. Gasthäuser: Artur Jung, Alfred Großmann, Otto Hensel. Kurhaus Dieblitztal. Im Ort waren vorhanden: 4 Gemischtwarenhandlungen, 1 Textilhaus, 4 Tischlereien, 1 Stellmacherei, 2 Schmieden, 3 Fieischereien, 2 Bäckereien, 1 Schrotmühle, 3 Sägewerke (Reschop, Rudnick, Garstka), 1 Fisrchereiunternehmen, 2 Schneiderwerkstätten, 1 Schusterwerkstatt. – Von Russen erschossen wunden außer den im Buch Erwähnten: Paul Ilgner, Wilhelm Lattek.

Rummau Ost: Im Ort befand sich eine Baptistenkapelle.

Schützendorf: Unter den Gewerbebetrieben sind außer den im Buch erwähnten zu nennen: die Schmiedebetriebe von Wilhelm Lipka und Willy Wittkowski.

Wilhelmsthal: Die letzten Gemeindevorsteher: Bartek, Patz, Michael Habicht, Wilhelm Bloch, Adam Losch, Adam Badlowski, Johann Rosenberg, Johann Bednarz, Karl Grzanna. – 22 Wehrmachtsangehörige gefallen, 14 Wehrmachtsangehörige vermißt. Beim Einmarsch der Russen wurden 4 Zivilpersonen verschleppt, die nicht zurückgehehrt sind.

Ergänzungsband "Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg" © 1971 by Kreisgemeinschaft Ortelsburg